Insider-Interview:
Mindset als ein Schlüssel, um Mitarbeiter zu gewinnen – 4hundred macht es vor

I have a dream!

Am Anfang steht der Traum. Oder eine Idee.

Gründer verwirklichen diesen Traum, diese Idee einfach: Der eine trägt einen kreativen Optimierungsgeist in sich, ein anderer hat eine soziale Ader und möchte bestimmte Menschengruppen unterstützen und wieder ein anderer will unseren Planeten lebenswerter machen.

Das Unternehmen spiegelt – besonders in der Anfangszeit – etwas von der Persönlichkeit und dem wider, was dem Gründer wichtig ist. Je mehr Menschen mit ähnlichen Prioritäten sich dort engagieren, desto klarer wird, wofür es steht und desto klarer kann es seine Botschaft aussenden. Je glaubhafter es von seinen Kunden und Marktpartnern wahrgenommen wird, desto leichter fällt eine Entscheidung zu seinen Gunsten.

Mit Ilona Ludewig-Mack, Gründerin von 4hundred, einem innovativen Energieversorger, unterhielt ich mich über die Herausforderungen eines Startups, Mitarbeiter mit dem richtigen Mindset zu finden.

Du bist ja sozusagen eine „Mehrfachtäterin“, denn Du hast in der Vergangenheit bereits mehrere Unternehmungen gegründet. Wie kam es dazu?

Stimmt, das ist nicht meine erste Gründung. Ich habe früher schon die eine oder andere meiner Ideen wahr werden lassen. Schon als Kind habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie man Dinge anders und besser im Sinne von nachhaltig machen kann. Es ist mir ganz, ganz wichtig, dass etwas langfristig Sinn macht.

Das war auch eine Inspiration bei der Gründung meiner Biolederfirma. Leder ist etwas, was die Leute instinktiv als natürlich empfinden. Hinter den Kulissen sieht es aber leider ganz anders aus. Ursprünglich ist Leder zwar ein natürliches Material. Die traurige Realität ist aber, dass auf dem Weg von der Haut zum Leder dann gar nichts mehr natürlich ist. Der Verarbeitungsprozess ist schlecht für die Menschen, die involviert sind, und schlecht für die Umwelt.

Also dachte ich mir: „Das muss auch anders gehen.“ Ich fragte mich, wie man zu einer Technologie zurückkehren kann, wie man sie früher eingesetzt hat. Ich wollte ein richtig tolles Produkt herstellen, das nicht giftig ist und das mit dem Alter sogar noch schöner wird. Das man nicht wegwirft, sondern gerne weitergibt. Vielleicht wie einen alten Sessel, wo Du sagst: „Wow, darin hat mein Großvater schon gesessen.“ Daran hängen Erinnerungen, dahinter steckt ein ganzes Leben. Und es lebt weiter. Das ist mir wichtig.

In London habe ich eine zweisprachige Schule mitgegründet. Die Frage hier war: Was ist langfristig für ein Kind gut? Wir wollten jedem Kind Zweisprachigkeit ermöglichen, weil sich gezeigt hat, dass zweisprachige Kinder besser im Problemlösen sind. Auch bei der Mathematik sieht man Vorteile, weil man durch die Zweisprachigkeit ein besseres Verständnis für andere Kontexte gewinnt.

Insgesamt geht es hier darum, das Leben schon früh reicher zu machen. Wenn Kinder die Möglichkeit haben, mehr zu sehen und zu erleben, andere Dinge als sonst üblich zu erfahren, machen sie sich Gedanken darüber, was sie ausmacht, wer sie in der Gruppe sind. Sie erkennen sich selber und was ihnen wichtig ist, also ihre Werte.

Die Veränderung hin zu etwas Größerem, etwas Besserem. Das ist es, das mich interessiert und sich wie ein roter Faden durch mein Leben zieht.

Vor knapp zwei Jahren hast Du dann mit Andrew 4hundred gestartet. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, ein Energieversorgungsunternehmen zu gründen?

Eines Tages stand die Idee einfach im Raum: „Digitale Energie. Das ist es. Das machen wir.“ Andrew ist der Energieexperte und ich habe den userzentrischen Hintergrund und die Erfahrung im Innovationsmanagement und digitalen Servicedesign. Das passt von der Expertise her sehr gut zusammen.

4hundred ist in einer Branche, die recht angestaubt ist. Andere Branchen, die ehemals ähnlich waren, wie z.B. Fin-Tech, haben aber gezeigt, dass Innovation auch hier möglich ist. Und so habe ich mir gesagt:

„Was Fin-Tech im Banking geschafft hat, schaffen wir in der Energie!“

Wir leben heute anders als vor hundert Jahren. Heute möchte ich – wie alles in meinem Leben – auch meine Energie leicht managen. Ich möchte mein Handy nehmen und meinen Verbrauch sofort nachschauen können – ohne groß darüber nachdenken zu müssen, an wen ich mich wo wenden muss. Dafür brauche ich keine komplizierten Tools. Ich brauche nur eine einfach benutzbare Oberfläche und das war‘s. Diese Einfachheit und sich wirklich nur auf das Wesentliche zu beschränken – das steckt hinter 4hundred.

Welche Kernwerte wollt Ihr damit transportieren?

Für mich war es ganz wichtig, dass wir uns von Anfang an darauf konzentrieren, was der Mensch will, der damit etwas zu tun hat. Dem ist es doch egal, was die Industrie will. Und das soll ihm auch egal sein. Aber gerade in dem Bereich Energie ist alles so optimiert, wie es die großen, alteingesessenen Konzerne brauchen und wollen – von Ingenieuren optimiert auf Industriestandards.

Wir machen es von Anfang an und bewusst anders. Man kann Kunden absolut fair und gut behandeln. Aber ja, in der Servicewüste Deutschland ist das eher ungewöhnlich.

Ich weiß, dass es genügend Menschen gibt, die von unserem Konzept begeistert sind und den werteorientierten Gedanken dahinter teilen. Das sind Menschen, die genug haben von der Abzocke und der Intransparenz im Energiemarkt. Sie wünschen sich einen Anbieter, dem sie einfach vertrauen können.

Dabei sind Fairness und Transparenz extrem wichtig.

Unsere Kunden müssen 4hundred erst einmal sehen, uns glauben und selber erfahren, dass wir es wirklich ernst mit ihnen meinen. Das braucht Zeit. Dass wir in den letzten Monaten unsere Kundenzahl verfünffacht haben, zeigt uns aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ich wünsche mir, dass Menschen uns finden, die ähnlich denken wie wir. Also freue ich mich, wenn andere unseren Gedanken aufgreifen und weitertragen. Inzwischen sind sehr viele bei uns, die von Freunden empfohlen wurden.

Ihr seid in den letzten zwei Jahren schnell gewachsen und habt inzwischen fünfundzwanzig Mitarbeiter. Worauf legst Du in Eurem Miteinander besonders Wert?

Wir reden sehr viel miteinander. Offene Kommunikation ist ganz entscheidend. Dass wir die Tür nicht zu haben, sondern alle gemeinsam in einem Raum sind – nicht alle fünfundzwanzig natürlich – ist hierbei ganz wichtig. Wir haben ein Team in München, eins in London und eins in Bulgarien.

Ich möchte sehen, wenn jemand ein Problem hat. Er kann zu mir kommen und mich fragen. Davon kann ich ja nur lernen. So leben wir es täglich.

Ebenso wichtig ist es, gemeinsam als Team etwas zu unternehmen. Das machen wir etwa einmal im Monat. Wenn jemand neu anfängt, dann essen wir an diesem ersten Tag gemeinsam als Team zu Mittag.

Wir geben unseren Mitarbeitern viel Verantwortung. Dafür bekommen sie auch eine ganze Menge Flexibilität und können mitentscheiden, wann sie was machen.

Eigenverantwortlich denken, im Sinne von: „Ist das, was ich da tue, auch im Interesse des Kunden?“

Aktuell sind wir gerade dabei, 4hundred so zu strukturieren, dass wir solche Anforderungen eindeutig messen können. Obwohl ich diesen Begriff eigentlich nicht mag. Ich möchte nicht, dass die Leute sagen: „Ich habe eine zehn und ich möchte auf die zwanzig kommen. Wie mache ich das jetzt am besten?“ Ich möchte, dass sich unsere Leute daran orientieren, was das beste Erlebnis für den Kunden ist, wie man ihm am besten helfen kann.

Wichtig bei uns sind Themen wie Lernen, Innovation und Mut. Das sind Eigenschaften, die die Entscheidungen eines jeden beeinflussen. Wenn jemand innovativ und mutig ist und etwas lernen will, dann hat er eine ganz andere Einstellung.

Aber wie misst man das? Genau daran, wie man solche wichtigen Eigenschaften entwickelt, arbeiten wir gerade. Noch haben wir kein fixes Konstrukt gefunden. Wir sind gerade dabei, das zu gestalten.

Welche waren Deine größten Herausforderungen in Sachen Mitarbeiter?

Wir suchen schon sehr besondere Spezies Menschen: Menschen, die eben auch mal über den Tellerrand geschaut haben und schauen. Uns ist wichtig, dass jemand ein wirklicher Menschenfreund ist und versteht, welches Problem ein Kunde gerade hat. Manchmal ist etwas ganz dringend. Weil es schnell gehen muss, kann die Situation emotionsgeladen werden. Aber im Hintergrund muss die Logistik – nämlich das Umsetzen des Wunsches des Kunden – einfach laufen.

Wir haben Leute bei uns, die gern mit Menschen zu tun haben. Das kann man aber in einer Stellenbeschreibung nicht wirklich darstellen. Sie dann trotzdem zu finden, ist eine große Herausforderung.

Und dann stellt sich wieder die Frage der Bewertung. Wonach entscheide ich, ob ein Profil passt? So führe ich immer wieder gerne Referenzgespräche. Das machen nicht viele Deutsche. Ich finde viel heraus, wenn ich mit den Referenzkontakten rede. Die Gelegenheit solcher Gespräche nutze ich auch, um zu schauen, ob ich da jemand an der Strippe habe, der vielleicht auch selbst zu uns passt.

Viele Mitarbeiter kommen über Empfehlungen aus unserem eigenen Netzwerk. Wir haben selber Events organisiert, Leute eingeladen, Vorträge gehalten und dadurch tatsächlich auch neue Mitarbeiter gefunden.

Ich würde gerne noch mehr „Expertisengeschichten“ machen. Es gibt hier in unserem Coworking-Space (4hundreds Büro ist bei Mindspace am Stachus) immer wieder Creative Mornings oder Breakfast Chats.

Da spricht man über Themen wie die empathische Verbindung zum Endkunden. Solch ein spannendes Thema zieht die richtigen Leute an.

Ob diese direkt selbst auf der Suche nach einer neuen Herausforderung sind, weiß man natürlich nie. Aber dann haben sie uns schon auf dem Schirm und wer weiß, was in ein paar Wochen oder Monaten passiert. Vielleicht melden sie sich wieder oder sie kennen jemanden, für den es gerade passt. Man muss das Wort in die richtigen Kanäle streuen.

Letztlich suche ich dort, wo sich die Leute rumtreiben, die zu uns passen. Die Frage ist also, wo sind digital affine Menschen unterwegs? So schreibe ich z.B. passende Leute direkt über LinkedIn an. Ganz wichtig ist mir, dann nicht eine Massenmail rauszuschicken, sondern denjenigen persönlich für uns zu begeistern. Kreativ sein kann man auch beim Thema Recruiting: Gerade habe ich eine Stellenbeschreibung auf Facebook gestellt. Das habe ich bisher auch noch nie ausprobiert. Mal schauen, was da passiert.

Wo soll Euch Eure Reise in punkto Mitarbeiter in nächster Zeit hinführen?

Wir wollen bis Ende des Jahres wachsen, dann wird unser Team etwa drei Mal so groß sein. Wir haben einiges vor: Wir brauchen auf jeden Fall Unterstützung im HR-Management. Damit genug Zeit da ist, dass unsere Leute regelmäßig Feedback erhalten, damit sie wissen, dass wir sie schätzen.

Das ist eigentlich eine meiner größten Herausforderungen. Ich schätze mein Team wirklich sehr. Und ich wünsche mir mehr Zeit und damit öfter die Möglichkeit, ihnen das regelmäßig zu sagen.

Wenn allerdings operativ irgendetwas nicht so gut läuft, weil es vielleicht ein Problem beim Kunden gibt, dann sprechen wir das direkt an. Für ein spezielles „Hey, wie geht es Dir eigentlich?“ muss aber konkret Zeit sein. Die habe ich momentan leider nicht.

Was würdest Du nun von Deinen eigenen Erfahrungen her einem jungem UnternehmerIn, der gerade ein halbes Jahr lang sein Business macht, mitgeben?

„Super, Du hast schon ein halbes Jahr durchgehalten!“ Das ist schon mal ein Riesenerfolg. Das Durchhalten schafft nicht jeder.

Das allerwichtigste ist das persönliche Netzwerk. Jemanden zu haben, mit dem man sich austauschen kann, der kritisch hinterfragt, es trotzdem gut meint und einem den Rücken stärkt. Bei manchem Feedback muss man aber auch weghören, den Mut haben, Danke zu sagen und sich zu denken: „Ist nicht so schlimm. Ich weiß, warum ich das tu. Ich mache das trotzdem so.“

Feedback ist Gold wert und gleichzeitig ist es wichtig, zu wissen, was man sich zu Herzen nimmt und was nicht.

Das Allerschwerste für Gründer ist, sich selber nicht zu vernachlässigen! Mein Rat: Vergiss nicht die Zeit, die Du brauchst, um Dich zu regenerieren. Nur dann kannst Du auf Dauer alles geben.

Mein Fazit

Welche Werte Sie als Unternehmer leben, macht Ihr Werdegang deutlich. Ein (potenzieller) Mitarbeiter kann darin erkennen, was Ihnen wirklich wichtig ist und überlegen, ob seine Wertvorstellungen mit Ihren matchen – wichtige Voraussetzungen, um die Zusammenarbeit als angenehm und sinnvoll zu empfinden.

Sobald Ihr Unternehmen wächst und Sie Menschen in Ihr Unternehmen ziehen wollen, die zu Ihnen und Ihrer Idee passen, kann Ihnen so manche Herausforderung begegnen:

  • Wo finden Sie diese Menschen?
  • Wie können Sie Interesse und Neugier schaffen, so dass Sie mit ihnen ins Gespräch kommen?
  • Wie können Sie sicherstellen, dass Sie zu Ihnen passen?

Wenn Sie früh identifizieren, welche Kernwerte Ihren Erfolg am meisten beeinflussen, haben Sie einen wichtigen Faktor zur Beurteilung potentieller Mitarbeiter. Bei 4hundred sind dies z.B. Eigenverantwortung – Lernen, Innovation und Mut – Interesse am Gegenüber.

Je klarer Ihre Vorstellungen über den idealen Mitarbeiter sind, desto individueller können Sie Ihre Recruitingmaßnahmen gestalten, z.B.:

  • Veranstaltungen, die genau auf die Interessen der potenziellen Mitarbeiter zugeschnitten sind, wie Vorträge in einem speziellen Rahmen zu ganz bestimmten Themen.
  • Stellenangebote in Foren oder auf Sozialen Plattformen, auf denen sich diese potenziellen Mitarbeiter tummeln.
  • Sehr individuell auf den einzelnen Adressaten abgestimmte Mails, wenn Sie interessante Kandidaten direkt anschreiben.

Der Mehraufwand lohnt sich! Die richtigen Maßnahmen ziehen die richtigen Menschen an.

Ilona Ludewig-Mack ist Gründerin der 4hundred GmbH. Ihre Mission ist, nachhaltig Gutes zu schaffen. Das Unternehmen wurde 2017 gegründet und möchte Energieversorgung für alle einfacher und fairer machen.

Patricia Moro

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